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Die Struwwelpippi 2023 und die Cleverness junger Lesender

Katharina Bendixen ist die Residenzautorin 2023 in Echternach.

Autorenresidenz Echternach

Katharina Bendixen ist die Residenzautorin 2023 in Echternach.

Foto: Christine Gundlach

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Katharina Bendixen ist die diesjährige Residenzautorin in Echternach. Ihre Kinder- und Jugendbücher sind mehr als rosarote Schonkost.

Autorenresidenz Echternach

Daniel CONRAD

Daniel CONRAD

Katharina Bendixen ist die diesjährige Residenzautorin in Echternach. Ihre Kinder- und Jugendbücher sind mehr als rosarote Schonkost.

Die Struwwelpippi-Residenz in Echternach sei eines der wenigen Stipendien dieser Form im deutschsprachigen Raum, das sich ausschließlich an Kinder- und Jugendbuchautorinnen und-autoren richtet. Das betonen die Organisatoren um das Nationale Literaturarchiv und das Trifolion zu Recht. Und sie ist damit auch ein sichtbares Zeichen für die kulturellen Austausch - besonders für das ganz junge Publikum. Mit Katharina Bendixen ist zur 21. Auflage eine Autorin in der Abteistadt zu Gast, die gesellschaftliche Themen für junge Lesende aufarbeitet und ihnen Impulse zum Nachdenken gibt. 

Katharina Bendixen, was hat Sie an Echternach und den Schülerinnen und Schülern, denen Sie nach Ihren ersten Lesungen hier im Land begegnet sind, besonders überrascht? 

(räuspert sich) Entschuldigen Sie bitte, ich bin ein bisschen heiser von den ganzen Lesungen. Ich finde sehr faszinierend, auf welche Mehrsprachigkeit ich hier treffe. Das ist in Leipzig – zumindest in dem Viertel, in dem ich wohne – überhaupt nicht der Fall. Und generell ist ja der Anteil an Migranten im Osten Deutschlands geringer als zum Beispiel in Westdeutschland. Man hat mir erzählt, dass in Echternach auf 5.000 Einwohner 83 verschiedenen Nationalitäten kommen, was ich total schön finde. Irgendwie wirkt das auf mich wie ein Modell für die Zukunft, wie Menschen zusammenleben. Ich habe heute bei der Lesung in der Grundschule nachgehakt, wer welche Sprachen spricht. Natürlich waren erwartbar Deutsch, Luxemburgisch und Französisch dabei; und auch Portugiesisch war nicht überraschend. Aber plötzlich war Eritreisch darunter. Und diese Mischung empfinde ich einfach als einen großen Gewinn für alle.

Taras Augen für Leserinnen und Leser ab 14 Jahren ist im Mixtvision Verlag erschienen, 384 Seiten, 17 Euro, ISBN 978-3-95854-181-8.

Taras Augen für Leserinnen und Leser ab 14 Jahren ist im Mixtvision Verlag erschienen, 384 Seiten, 17 Euro, ISBN 978-3-95854-181-8.

Foto: Mixtvision

Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Romane hier auch in anderer Art wahrgenommen werden oder die Kinder und Jugendliche andere Fragen an Sie stellen? 

Ich glaube nicht, dass die Lesart meiner Texte und Themen, zumindest die für Kinder und Jugendliche, so viel anders ist. Ich finde es einfach schön, dass meine Bücher jetzt überhaupt hier gelesen werden und dass ich in Kontakt mit so vielen Kindern komme, meine Texte hier vorstellen kann und schon von vielen Kindern der Primärschule auf der Straße erkannt werde.

Apropos Themen: Viele der Echternacher Residenzautorinnen und -autoren haben Ihre sehr eigene Stimme im Segment des Kinder- und Jugendbuchgenres. Wo würden Sie sagen, liegt Ihre Besonderheit? 

Kathrin Schrocke ist die diesjährige "Struwwelpippi"-Stipendiatin
Keine Angst vor Tabus

Schwule Väter, Transsexuelle, Internetpornografie – können das Stoffe für Jugendbücher sein? Kathrin Schrocke, Stipendiatin der diesjährigen Autorenresidenz in Echternach. betont: „Ja, gerade die!“

Ich versuche in meinen Büchern immer über gesellschaftliche Umstände zu schreiben. Die schöne Herausforderung, wenn man für Kinder und Jugendliche schreibt, ist, dass man das eben trotzdem witzig und auf eine gewisse Weise spannend und auch sprachlich bunt machen muss. Und ich kenne einige der Struwwelpippis und ich weiß, dass zum Beispiel Kathrin Schocke oder auch Martina Wildner ebenfalls mit gesellschaftlichen Umständen arbeiten. In meinem Jugendroman „Taras Augen“ geht es zwar auch um eine Umweltkatastrophe, aber besonders um die unterschiedlichen Auswirkungen dieser Katastrophe auf arme und auf reiche Menschen.

An was schreiben Sie aktuell in Echternach?

Es geht wieder um Reichtum und Armut; Kinderarmut konkret. Aber diesmal nicht in einer dystopischen, fiktiven Welt, sondern in unserer Realität. Was mich dabei interessiert, ist, wie die gesellschaftlichen Umstände einzelne Kinder betreffen. Es ist ja ein Lotteriespiel, in was für eine Familie man geboren wird.

Aber ist nicht gerade Luxemburg ein schlechtes Beispiel? Armut wird hier allzu oft verdrängt …

Also mir wurde hier gesagt, dass es eigentlich fast allen Menschen sehr gut geht. Ich weiß aber nicht, ob das stimmt. Hinter solche Dinge kann man ja wahrscheinlich erst schauen, wenn man eine Weile hier lebt. Letztlich ist entscheidend, wie mit denen umgegangen wird, die arm oder schwach sind. Zum Beispiel beobachte ich gerade, wie wenig in Deutschland politisch ausgegeben wird, um die Nachwirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche aufzufangen. Die Bücher, die ich hierher mitgebracht habe, sind natürlich von meinem Alltag in Deutschland inspiriert. Und doch bin ich gerade hier in diesem mehrsprachigen Umfeld fasziniert, wie die Kinder untereinander sprechen und die Sprachen auch voneinander lernen. Und ich kann mir vorstellen, dass sich dieses Thema dann in späteren Texten niederschlägt.

„Taras Augen“ konfrontiert junge Lesende mit harten Lebensrealitäten nach einem Chemieunfall. Bekommen Sie von Eltern nicht Kommentare in der Richtung: „Ich muss mein Kind beschützen und lasse ihm die heile Welt so lange es geht?“ 

Also, das Jugendbuch ist ja ab 14 Jahren empfohlen. Und ich glaube, das ist ein Alter, in dem die Jugendlichen im besten Falle selbst bestimmen, was sie lesen –  wenn sie überhaupt noch lesen. Und ich denke, dass Jugendliche zum Teil klüger als ihre Eltern sind. Sie haben bei bestimmten Dingen ein Gespür dafür, was jetzt wichtig ist, was uns beschäftigen müsste und was für die Gesellschaft in Zukunft entscheidend sein wird. „Fridays for Future“ ist ein Beispiel. Als Elternteil hat man immer den Impuls, Kinder zu schützen. Aber kann man das wirklich?

In dem Blog „other-writers.de“ schreiben Sie zum Thema Elternschaft und Autorenschaft. Provokant gefragt: Sind Kinder für Sie persönlich sogar eine Bürde, die Ihre Autorenkarriere verhindert? 

Ich gebe mir immer Mühe, nicht in solchen Kategorien wie Karriere zu denken. Und wenn etwas diese sogenannte Karriere verhindert, dann sind es nicht meine Kinder, sondern die kinderfeindliche Gesellschaft und der kinderfeindliche Literaturbetrieb. Die Kinder sind ja nicht das Problem, sondern alles andere. Und der Literaturbetrieb ist da längst nicht der einzige Sektor. Viele Berufsfelder sind nicht flexibel und nicht auf die Bedürfnisse von Eltern ausgerichtet. Und da würde ich mir wünschen, dass das anders wäre. Ich möchte meine Elternschaft oder auch andere Lebenslagen, wie die Pflege von Älteren oder anderes, was „Karrieren verhindert“, immer eher als Bereicherung sehen. Ich möchte das alles erleben dürfen und daraus ganz viel lernen – über die Welt oder über Generationenfolgen.

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Die öffentliche Abschlusslesung der Residenz findet am Mittwoch, dem 7. Juni um 19 Uhr im Echternacher Trifolion statt. Der Eintritt ist frei, es ist keine Anmeldung erforderlich.

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Stipendiat der diesjährigen Echternacher Jugendbuch-Autorenresidenz ist der Münchner Kilian Leypold. Vom 17. Mai bis zum 14. Juni ist der Schriftsteller im Land zu Gast.

Kilian Leypold

Vollgepackt ist das Programm. Nicht, dass Finn-Ole Heinrich seit dem 15. Mai als diesjähriger Stipendiat der „Struwwelpippi kommt zur Springprozession“-Residenz auch etwas neben der Schriftstellerei erleben könnte. Er hat ein straffes Pensum aus Lesungen und Begegnungen. So bleibt schon zum Schreiben in der Abteistadt sehr wenig Zeit.

Im Interview: Finn-Ole Heinrich.