Luxembourg
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Eine andere Mobilität wagen

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 Von Fabricio Costa und Stephen De Ron *

Es ist wieder so weit. Das 59. Autofestival ist in vollem Gange und die Autohändler locken wieder mit attraktiven Angeboten für Neuwagen. Dem Vernehmen nach sind die Kunden in diesem Jahr besonders an Elektroautos interessiert. Der Trend hin zum E-Auto zeigte sich bereits bei den Neuzulassungen der letzten Jahre: 2022 lag der Anteil von E-Autos mit 15,2 Prozent deutlich über dem der Jahre zuvor.

Die Elektromobilität ist, gepaart mit einer Stromerzeugung anhand von erneuerbaren Energien, ein Teil der Lösung, um den Verkehr in Zukunft klimaneutral zu gestalten. Doch die Elektrifizierung des motorisierten Individualverkehrs allein reicht nicht aus.

Lokales , Schnee , Wetter , erster Schnee , Schneeflocken , Winter Foto: Anouk Antony/Luxemburger Wort
Wird Luxemburg 2035 Fahrradland werden?

Das Fahrrad wird kommen. Das, was fehlt, ist die passende Infrastruktur. Über die Forderungen von ProVelo.lu und Velo Diddeleng.

Der neue nationale Mobilitätsplan geht davon aus, dass die Nachfrage nach Mobilität bis 2035 um 40 Prozent steigen wird. Angesichts der derzeit bereits angespannten Situation auf unseren Straßen ergäbe es keinen Sinn, einfach 40 Prozent mehr Autos - ob Elektro oder nicht - durch unsere Städte und Dörfer fahren zu lassen. Genauso wenig sollten wir 40 Prozent mehr Straßen bauen, da wir somit die Zerstörung der Natur und der Biodiversität weiter anfeuern würden.

Die Autodominanz überdenken

Anstatt zu versuchen, die Mobilität von morgen mit Lösungen von gestern zu planen, sollten wir die derzeitige Dominanz des Autos hinterfragen. Mit 696 Autos pro 1.000 Einwohner hat Luxemburg seit mindestens 30 Jahren die höchste Motorisierungsrate in der EU. (1) Diese Zahl mag von Nichtansässigen beeinflusst sein, die in Luxemburg zugelassene Firmenwagen nutzen, doch unterm Strich bleibt die Feststellung, dass es zu viele Autos auf unseren Straßen gibt.

Die derzeit prominente Rolle des Autos steht im Widerspruch zur Verkehrswende, die vonnöten ist, um auch in Zukunft mobil zu bleiben und gleichzeitig die Klimaziele zu erreichen.

Die derzeit prominente Rolle des Autos steht im Widerspruch zur Verkehrswende, die vonnöten ist, um auch in Zukunft mobil zu bleiben und gleichzeitig die Klimaziele zu erreichen. Dies wurde auch im nationalen Mobilitätsplan für 2035 erkannt. 2017 wurden etwa 70 Prozent der Bewegungen mit dem Auto zurückgelegt, entgegen 16 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zwölf Prozent zu Fuß und zwei Prozent mit dem Rad. Der Anteil des Autos soll dem nationalen Mobilitätsplan zufolge bis 2035 auf 53 Prozent sinken, während der Anteil von „Öffis“, Fußgängern und Radfahrern steigen soll. Es geht darum, das Auto als einen Teil von vielen Mobilitätslösungen zu begreifen und unsere Gewohnheiten dementsprechend anzupassen.

Um dies zu erreichen, brauchen wir attraktive Alternativen. In den letzten Jahren wurden auf nationaler Ebene massive Investitionen getätigt, zum Beispiel mit dem Bau der Tram, der Planung der schnellen Tram in Richtung Süden, dem Ausbau der Kapazitäten des Schienenverkehrs und der Verbesserung des Busnetzes. Trotz dieser Erfolge bleibt weiterhin viel zu tun, zum Beispiel beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, bei der Fahrradinfrastruktur und dem Car-Pooling. 

Fußgänger und Fahrräder priorisieren

Vor allem in den urbanen Räumen liegt ein wichtiger Lösungsansatz in der sanften Mobilität. Seit der Pandemie erlebte neben dem Homeoffice auch das Fahrradfahren einen Boom. Immer mehr Menschen nutzen ihr Rad als zuverlässiges, kostengünstiges, effizientes und obendrein gesundes Fortbewegungsmittel, bei dem man nicht im Stau steht und gleichzeitig noch etwas für die Gesundheit tut.

In den letzten Jahren haben Städte in ganz Europa noch nie dagewesene Investitionen getätigt, um die sanfte Mobilität zu fördern, mit bemerkenswerten Ergebnissen.

In den letzten Jahren haben Städte in ganz Europa noch nie dagewesene Investitionen getätigt, um die sanfte Mobilität zu fördern, mit bemerkenswerten Ergebnissen. Städte wie Brüssel und Paris, aber auch kleinere Städte wie Straßburg, die vom Verkehrschaos erdrückt wurden, sind zu Fahrradstädten geworden, die immer öfter im gleichen Atemzug mit Kopenhagen oder niederländischen Städten genannt werden. Prominente Beispiele sind die Rue de la Loi in Brüssel oder die Rue Rivoli in Paris.

Funiculaire zählt 7,5 Millionen Fahrgäste in fünf Jahren

Der Funiculaire Pfaffenthal-Kirchberg hat seit seiner Inbetriebnahme am 10. Dezember 2017 die Marke von 7,5 Millionen Fahrgästen überschritten.

Leider kann man das von Luxemburg nicht gleichermaßen behaupten, allen voran die Hauptstadt und ihr Ballungsgebiet. Die örtliche Infrastruktur ist entweder nicht vorhanden oder ein Flickenteppich aus Farbe, kombiniert mit ein paar Metern scheinbar sicherer Radwege, die oft ins Nichts führen. Es wurde auch verpasst, während der Pandemie qualitative Pop-up-Radwege einzurichten und mit verfehlten Projekten wie der Umgestaltung der Avenue Pasteur in Limpertsberg wurde die Glaubwürdigkeit in Sachen zukunftsfähige Mobilität arg gebeutelt. Ausreden wie „es gibt nicht genug Platz“ oder „Luxemburg ist eine Festungsstadt“ sind an der Tagesordnung. Die „Alles für das Auto“-Mentalität der 1970er-Jahre ist und bleibt allgegenwärtig in den Handlungen vieler lokaler Entscheidungsträger.

Dabei zeigen die Zahlen, dass die Bewohner Luxemburgs keineswegs weniger Interesse daran haben, auf das Fahrrad umzusteigen, als in unseren Nachbarländern. An den Fahrradzählern in der Hauptstadt wurden 2022 über eine Million Überfahrten gezählt, eine Steigerung von 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig verzeichneten die 900 „Vel’OH!“-Stationen in Luxemburg-Stadt und den angrenzenden Gemeinden im Jahr 2022 fast 1,2 Millionen Vermietungen - ein Plus von 47 Prozent im Vergleich zu 2021 und 70 Prozent im Vergleich zu 2019.

Was Kopenhagen als Fahrradstadt so besonders macht

Die Tour de France kam nicht von ungefähr nach Kopenhagen: Keine andere Stadt der Welt ist derart komfortabel für Alltagsradfahrer.

Hinzu kommt, dass in Luxemburg über die Hälfte der Fahrten unter fünf Kilometern mit dem Auto zurückgelegt werden. Das Potenzial, auf diesen Kurzstrecken aufs Fahrrad umzusteigen, ist enorm. Dies erfordert allerdings eine sichere und zusammenhängende Fahrradweginfrastruktur. Hierfür müssen die Bemühungen auf nationaler Ebene von kommunalpolitischen Maßnahmen begleitet werden, gepaart mit einer stärkeren interkommunalen Zusammenarbeit, damit Fahrradwege nicht an den Grenzen der Gemeinden Halt machen.

Das Car-Sharing ausbauen

Indem das Auto vor allem in Städten an Bedeutung verliert, schwindet auch die Notwendigkeit des Autos im Privatbesitz. Dies hat wiederum eine positive Auswirkung auf die Verfügbarkeit von wertvollem öffentlichem Raum, der heute für Parkraum reserviert ist. In der Tat stehen private Autos heute zu 95 Prozent der Zeit geparkt herum. (2) Ein einziges Auto belegt in der Regel mindestens zwei Parkplätze: einen zu Hause und einen am Arbeitsplatz.

Um diese Entwicklung zu begünstigen und dafür zu sorgen, dass man in Zukunft auch ohne eigenes Auto bei Bedarf auf ein motorisiertes Fahrzeug zurückgreifen kann, bedarf es eines leistungsfähigen Car-Sharing-Angebots. Derzeit gibt es in Luxemburg einen Car-Sharing-Dienst auf nationaler Ebene sowie ein lokales Angebot in Luxemburg-Stadt. Damit das Car-Sharing zur echten Alternative werden kann, muss das Angebot jedoch weitaus flexibler und flächendeckender werden. Beim Carloh-Leihsystem der Stadt Luxemburg fehlen zum Beispiel Stationen vor allem in der Unterstadt, im Norden und im Osten. Durch eine Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden könnte darüber hinaus ein einziger attraktiver Car-Sharing-Dienst für die Hauptstadt und ihre Randgemeinden geschaffen werden.

Der gemeinsame Citybus von Grevenmacher und Manternach fährt in die Nachbargemeinden und sogar bis nach Echternach.
Rufbusse im Osten haben treue Nutzer

Viele Gemeinden bieten zusätzlich zum RGTR eigene Ruf- und Pendelbusse an. Für Anwohner ohne Auto sind die Dienste ein Segen.

Dem Umweltbundesamt zufolge werden durch ein Car-Sharing-Auto bis zu zehn private Autos ersetzt. Mehr Car-Sharing bedeutet also weniger Autos und somit mehr Platz für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen, sowie für Terrassen und Grünflächen, womit die Lebensqualität steigt.

Politischer Mut ist gefordert

Es ist an der Zeit, unsere Mobilität und die Rolle des Autos neu zu denken. Die deutsche Autorin und Aktivistin Katja Diehl bringt es auf den Punkt: „Jede*r sollte das Recht haben, ein Leben ohne eigenes Auto führen zu können.“ (3)

… geht es darum, eine menschenwürdige, klimaneutrale und sorgenfreie Mobilität für alle Menschen zu gewährleisten.

Bei der Verkehrswende darf es daher nicht darum gehen, eine Politik gegen das Auto zu betreiben. Vielmehr geht es darum, eine menschenwürdige, klimaneutrale und sorgenfreie Mobilität für alle Menschen zu gewährleisten. Das erfordert politischen Mut und Weitsicht, sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene.

Die Verkehrswende ist eine einmalige Chance, unsere Städte und Dörfer attraktiver zu gestalten und unsere Lebensqualität zu steigern. Jetzt gilt es, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um diese Chance zu nutzen und in Zukunft besser und freier zu leben.

* Fabricio Costa ist Co-Sprecher von Déi Jonk Gréng und wohnt in Luxemburg-Stadt; Stephen De Ron ist Mitglied des Vorstands von Déi Gréng und wohnt in Itzig.

(1) D. Kondor et al. (2018), „Estimating Savings in Parking Demand Using Shared Vehicles for Home-Work Commuting“.

(2) ACEA (2022), „Report Vehicles in Use Europe 2022“.

(3) Katja Diehl (2022), „Autokorrektur“.

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