Luxembourg
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„Europa ist unser hauseigener Markt“

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Lokales, Olm, Bauprojekt Elmen, Bau von 800 Wohnungen, kleines Dorf, Autofreie Zone, Foto: Anouk Antony/Luxemburger Wort

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Trotz Aktienverlusten

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Luxemburgs Wirtschaft profitiert in großem Maß von einer der größten Errungenschaften der EU.

30 Jahre

Jean-Claude WEISHAAR

Jean-Claude WEISHAAR

Luxemburgs Wirtschaft profitiert in großem Maß von einer der größten Errungenschaften der EU.

Er gehört mittlerweile zu unserem Alltag wie das tägliche Mittag- oder Abendessen. Und trotzdem wird sein Geburtstag gerne vergessen. Am 1. Januar 2023 ist der Europäische Binnenmarkt 30 Jahre alt geworden. Eine der größten Errungenschaften Europas steht für den Einzug von vier Freiheiten, an die wir uns mittlerweile gewöhnt haben: den freien Handel von Waren und den von Dienstleistungen, den freien Kapitalverkehr und die Freizügigkeit der Arbeitskräfte über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg.

Das Gewicht des Europäischen Binnenmarktes ist nicht unwesentlich in einer Welt, in der sich vieles um Volumen dreht. Durch seine Größe – 15-prozentige Beteiligung am Welthandel, 24 Millionen Gesellschaften und 440 Millionen Einwohner – wird Europa von den USA und China als Wirtschaftsblock wahrgenommen. Ohne gemeinsamen Binnenmarkt, das heißt, wenn jedes EU-Land auf sich selbst gestellt wäre, wäre das wohl nicht der Fall.

Dass der Binnenmarkt zur Integration der europäischen Wirtschaft und zu mehr Wachstum innerhalb Europas beigetragen hat, steht heute außer Frage. EU – Mitgliedsstaaten bekamen von einem Tag auf den anderen teilweise barrierefreien Zugang zu den Märkten anderer Länder. Ihr Kuchen wurde damit größer.

Von diesem Phänomen profitierte Luxemburg mit seiner kleinen, offenen Wirtschaftsstruktur in großem Maß. Dabei ist es nicht so, dass die Wirtschaft des zweitkleinsten Landes innerhalb der EU vor 1993 nicht international ausgerichtet gewesen wäre. Aber einige Branchen erlebten mit der Entstehung des Binnenmarktes einen regelrechten Boom, den sie vielleicht selbst so nicht erträumt hätten.

Investmentfonds „made in Luxembourg“

Angefangen mit der Investmentfondsbranche: Mit 5.859 Billionen Euro an verwalteten Vermögen belegte Luxemburg Ende 2021 innerhalb der EU Platz eins bei sogenannten grenzüberschreitenden Fonds. Hierbei handelt es sich um Investmentfonds, die in Luxemburg aufgelegt und dann europaweit vermarktet werden. Die EU ist dabei der Absatzmarkt für quasi alle in Luxemburg aufgelegten Fonds.

Illustration, boulevard Royal, Finanzen, Finanzsektor, Finanzplatz, Bank, Bankenplatz, Finanzzentrum, Finanzkonnektivität, Foto: Luxemburger Wort/Anouk Antony
Wo in Luxemburg 1.400 gut bezahlte Jobs frei sind

Beim „Private Equity“ bahnt sich eine Erfolgsgeschichte an, wie das Großherzogtum sie mit den Investmentfonds schrieb.

Eine ähnliche Entwicklung hat die Versicherungsbranche hinter sich. Marc Lauer, Präsident des Branchenverbandes ACA, fasste die Situation bei den ACA Insurance Days 2022 so zusammen: „Der Europäische Binnenmarkt ist in Wirklichkeit unser hauseigener Markt.“ Insgesamt werden mehr als 95 Prozent der Luxemburger Versicherungen über die Grenzen hinweg verkauft.

Luxemburg verfügt über einen von seiner Fläche her begrenzten und seit jeher gesättigten lokalen Markt, heißt es vonseiten der ACA.  Die Attraktivität des Platzes für ausländische Versicherungsunternehmen rührt von der Tatsache, dass wir die Erfahrensten sind, um die Möglichkeiten, die der europäische Binnenmarkt bietet, zu nutzen“, sagt der Verband selbstbewusst.  

So sind die Prämien der Versicherer zwischen 1990 und 2021 von 117 Millionen Euro auf 44 Milliarden Euro angewachsen. „Luxemburgische Versicherer verbuchen drei Prozent der Prämien bei Lebensversicherungen in Europa“, heißt es bei der ACA. Dazu kommt, dass mit dem Brexit seit 2019 mehr als zehn britische Unternehmen Luxemburg zu ihrer Wahlheimat gemacht haben, um Zugang zum Europäischen Binnenmarkt zu behalten.

Luxemburg sei durch seine multikulturellen Gegebenheiten besonders gut aufgestellt, um Geschäfte im Einklang mit der Rechtsgrundlage in anderen EU-Ländern abzuwickeln, sagt auch Jerry Grbic, Chef der Bankenvereinigung ABBL. Als Beispiel führt er den typischen Kunden einer Privat- oder Firmenkundenbank in Luxemburg an, der Firmenbeteiligungen und Wohnsitze in mehreren Ländern hat und dessen familiäre Situation eventuell komplex ist. „Nur Luxemburger Banken sind in der Lage, ihn in diesem Dschungel von Vermögens-, Rechts- und Steuerfragen zu begleiten“, sagt Grbic. Seine Aussage bekräftigt er mit der Aussage, dass 86 Prozent der von Privatbanken verwalteten Vermögen in Luxemburg aus der Europäischen Union stammen.

Bankkonto im Ausland gilt als kompliziert

Aber nicht alles im Bankenbereich ist einfacher geworden. „Die Staaten verhängen immer noch Auflagen, die oft eher praktischer als rechtlicher Natur sind“, erzählt der CEO der ABBL. So sei es immer noch komplizierter, ein Bankkonto im Ausland zu besitzen als im eigenen Land. „Wer ein solches besitzt, wird immer mit bürokratischen Problemen und sogar mit einer steuerlichen Sonderbehandlung konfrontiert sein“, sagt Grbic.

Von einer Vereinfachung des Geschäfts durch den Binnenmarkt ist dagegen die Rede bei der Luxemburger Börse. Der Europäische Binnenmarkt habe Emittenten aus anderen Mitgliedstaaten die Notierung in Luxemburg erleichtert, erklärt Julie Becker, die CEO der Börse. „Dank des Europäischen Binnenmarktes kann ein deutscher Emittent beispielsweise beschließen, sich mit denselben Unterlagen in Deutschland, Luxemburg oder Italien registrieren zu lassen.“

Für die Industrie, so sieht es der Branchenverband Fedil, bedeutet Europa Zusammenhalt im Kampf gegen das drohende Verschwinden des Wirtschaftszweiges.  „Wir müssen zum Beispiel verhindern, dass Unternehmen, die viel Energie benötigen, ihre Produktion in Länder verlagern, in denen die Energie billiger und sicherer ist.“ Jetzt käme es für die EU darauf an, Projekte für saubere Energie in Europa zu unterstützen und den Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft im Sinne des Binnenmarktes zu erleichtern.

Dann weist der Industriellenverband noch auf etwas ganz Entscheidendes hin, das der ganzen Luxemburger Wirtschaft in den letzten 30 Jahren in die Karten gespielt hat: den Zugang zu qualifiziertem Personal aus dem europäischen Ausland. „Neben der Beseitigung technischer, administrativer und steuerlicher Hindernisse innerhalb der Union hat der freie Verkehr von Personen den Unternehmen auch Zugang zu einem großen Reservoir an qualifizierten Arbeitskräften verschafft“, heißt es.

Mit dem Binnenmarkt hat in der Tat ein Trend eingesetzt, den die Politik selbst am Anfang nicht kommen sah. Die Zahl der Grenzgänger ist zwischen 1992 und 2022 von 43.300 auf 220.000 angestiegen. Damit stellen die Grenzgänger fast die Hälfte der Angestellten in Luxemburg. Und wie wichtig sie für ganze Wirtschaftszweige in Luxemburg sind, wurde in der Pandemie deutlich, als die Politik ihre Kollegen im benachbarten Ausland anflehte, Krankenpfleger trotz der drohenden Schließung der Grenzen ins Land zu lassen, um den Dienst hier aufrechtzuerhalten. 

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