Luxembourg
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Lulas Kampf um demokratische Stabilität für Brasilien

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TOPSHOT - This aerial view shows residents searching for victims and survivors amidst the rubble of collapsed buildings following an earthquake in the village of Besnia near the twon of Harim, in Syria's rebel-held noryhwestern Idlib province on the border with Turkey, on February 6, 2022. - Hundreds have been reportedly killed in north Syria after a 7.8-magnitude earthquake that originated in Turkey and was felt across neighbouring countries. (Photo by Omar HAJ KADOUR / AFP)

Séisme en Turquie

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Esma travaille pour Caritas Luxembourg et vit à Gaziantep, ville turque particulièrement touchée par le séisme. Elle raconte la situation sur place.

Pope Francis (C) waves as he arrives by popemobile for the holy mass at the John Garang Mausoleum in Juba, South Sudan, on February 5, 2023. - Pope Francis wraps up his pilgrimage to South Sudan with an open-air mass on February 5, 2023 after urging its leaders to focus on bringing peace to the fragile country torn apart by violence and poverty. The three-day trip is the first papal visit to the largely Christian country since it achieved independence from Sudan in 2011 and plunged into a civil war that killed nearly 400,000 people. (Photo by Simon MAINA / AFP)

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Vor einem Monat gab es den Sturm auf die Institutionen in Brasilien. Wie aktiv war Bolsonaro in die Planung des Putschversuchs eingebunden?

Brasilien

Vor einem Monat gab es den Sturm auf die Institutionen in Brasilien. Wie aktiv war Bolsonaro in die Planung des Putschversuchs eingebunden?

Von Klaus Ehringfeld

Erst allmählich beginnt sich in Brasilien die Schockstarre zu lösen, die der Angriff auf die demokratischen Institutionen vor einem Monat ausgelöst hat. Vor allem die Regierung um Präsident Lula da Silva versucht, so etwas wie einen politischen Alltag zu gestalten. Dabei helfen ihm Staatsbesuche wie der von Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Januar und seine eigene Reise, die er am Freitag zu US-Präsident Joe Biden unternimmt. Der alte und neue brasilianische Staatschef ist gefragt in der Welt, nachdem sein rechtsradikaler Vorgänger Jair Bolsonaro global zum Paria wurde.

Aber auch vier Wochen nach dem Putschversuch von radikalen Anhängern Bolsonaros am 8. Januar bleibt die größte Demokratie Lateinamerikas fragil. Nach Auffassung des Politikwissenschaftlers Oliver Stuenkel müsse Lula vordringlich die zivile Kontrolle über die Streitkräfte zurückgewinnen, um die Demokratie im größten und wichtigsten Land Lateinamerikas langfristig zu sichern.

08.01.2023, Brasilien, Brasilia: Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro geraten in der Hauptstadt mit Polizisten aneinander. Ein Mann schlägt dabei einen Polizisten mit einer Stange. Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro haben den Kongress in der Hauptstadt Brasília gestürmt. (Wiederholung mit verändertem Bildausschnitt) Foto: Matheus Alves/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Schock in Brasilia

Tausende Anhänger des rechten Ex-Präsidenten stürmen Kongress und Regierungssitz. Die Aktion erinnert an die Vorfälle in Washington vor zwei Jahren.

Stuenkel, der für den Thinktank „Fundação Getúlio Vargas“ arbeitet, und andere Experten vermuten, dass das Aufarbeiten des Putschversuchs noch einige Zeit in Anspruch nehmen und Lula politisch sehr binden werde. Die Gefahr von politischer Gewalt bleibe hoch. Und solange die Lage im Inneren instabil sei, würde Brasilien auch seine Rolle als wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne nur schwer aufnehmen können. Zumal Bolsonaro weiterhin als permanente Bedrohung im Ausland sitzt und weitere Angriffe auf die Stabilität als Drahtzieher anstiften könnte. 

Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro geraten am 8. Januar in der Hauptstadt mit Polizisten aneinander. Ein Mann schlägt dabei einen Polizisten mit einer Stange.

Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro geraten am 8. Januar in der Hauptstadt mit Polizisten aneinander. Ein Mann schlägt dabei einen Polizisten mit einer Stange.

Archivfoto: dpa

Der Ex-Präsident, der sich kurz vor der Amtsübergabe am 1. Januar nach Florida absetzte, hat jetzt in den USA ein sechsmonatiges Touristenvisum beantragt. Denn bei einer Rückkehr in die Heimat drohen ihm weitere Ermittlungen und möglicherweise die Festnahme. Zumal vor einigen Tagen ein Vorwurf laut wurde, Bolsonaro habe im Dezember an einem Treffen teilgenommen, bei dem es um Umsturzversuche und die mögliche Festnahme des Obersten Richters Alexandre de Moraes ging. Das alles, um die demokratisch erlittene Niederlage gegen Lula am 30. Oktober noch vor der Machtübergabe zu verhindern. Der Oberste Gerichtshof nahm nun Ermittlungen auf.

Nach den Launen der Uniformierten

„Jetzt, da die Streitkräfte vorübergehend in der Defensive sind, bietet sich dem neuen Präsidenten eine historische Chance“, schreibt der Politologe Stuenkel in der Zeitschrift „Foreign policy“. „Wenn es Lula jetzt nicht gelingt, das Militär in die Schranken zu weisen, wird der Prozess der brasilianischen Demokratisierung unvollständig bleiben - und auf Jahre hinaus den Launen der Uniformierten ausgesetzt sein.“

Jetzt, da die Streitkräfte vorübergehend in der Defensive sind, bietet sich dem neuen Präsidenten eine historische Chance.

Oliver Stuenkel, Politologe

Denn auch nach der Rückkehr zur Demokratie 1985 blieben die Militärs ein entscheidender Faktor in der Politik. Bis heute glauben die brasilianischen Streitkräfte, dass sie ein besserer Garant für (politische) Stabilität sind als die zivilen Führungen. In der Bevölkerung glauben das auch erschreckend viele.

TOPSHOT - Security forces confront supporters of Brazilian former President Jair Bolsonaro invading Planalto Presidential Palace in Brasilia on January 8, 2023. - Hundreds of supporters of Brazil's far-right ex-president Jair Bolsonaro broke through police barricades and stormed into Congress, the presidential palace and the Supreme Court Sunday, in a dramatic protest against President Luiz Inacio Lula da Silva's inauguration last week. (Photo by Ton MOLINA / AFP)
Camp von Bolsonaro-Anhängern in Brasília wird geräumt

Der Kapitolsturm von Washington wiederholt sich nun in Brasilien. Präsident Lula da Silva spricht von „Terroristen und Faschisten“.

Auch wenn viele Brasilianerinnen und Brasilianer, die Lula nicht wählten, den Sturm auf die Institutionen verurteilen, ist das Ansehen der Militärs dennoch weit höher als das der Politiker. Umfragen zufolge liegt das Vertrauen der Bevölkerung in die Streitkräfte bei etwa 30 Prozent. Nur die Kirche halten die Menschen für vertrauenswürdiger. Am Ende der Liste liegen Präsident, Kongress, Justiz und Medien.

Bolsonaro, ein ehemaliger Hauptmann, hat sich diese Stimmung in seinen vier Jahren an der Macht zunutze gemacht und die Politik militarisiert. Er ernannte über 6.000 Offiziere zu politischen Beamten oder gar zu Ministern. So wurde die Grenze zwischen militärischer und ziviler Führung weiter verwischt. Das Problem hat die Lula-Regierung nun geerbt.  

Bolsonaro, ein ehemaliger Hauptmann, ernannte über 6.000 Offiziere zu politischen Beamten oder gar zu Ministern.

In den Tagen nach dem Umsturzversuch vom 8. Januar konzentrierte sich die öffentliche Aufmerksamkeit rasch auf die Rolle der Armee und der Militärpolizei, die mit dem Schutz des „Platz der drei Mächte“ in Brasília mit Parlament, Regierungssitz und Oberstem Gerichtshof beauftragt war. Zahlreiche Analysten hatten bereits Monate vor dem Tag davor gewarnt, dass Brasilien im Falle einer Niederlage Bolsonaros bei der Präsidentschaftswahl einen Aufstand ähnlich dem des Sturms auf das Kapitol in den USA am 6. Januar 2021 erleben könnte. 

Vandalen aktiv unterstützt

Neue Beweise lassen kaum Zweifel daran, dass Teile der brasilianischen Streitkräfte und der Militärpolizei der Hauptstadt - letztere untersteht dem Gouverneur von Brasília, Ibaneis Rocha, einem Verbündeten Bolsonaros - die Vandalen aktiv unterstützt und ihnen geholfen haben. Der Oberste Gerichtshof hat Rocha für 90 Tage vom Amt suspendiert, bis eine Untersuchung seiner Rolle bei den Angriffen abgeschlossen ist.

Brasiliens neuer Präsident Luiz Inacio Lula da Silva muss das Militär nach Ansicht von Experten in seine Schranken weisen.

Brasiliens neuer Präsident Luiz Inacio Lula da Silva muss das Militär nach Ansicht von Experten in seine Schranken weisen.

Foto: AFP

Ende Januar ging Lula dann entschieden gegen illoyale Offiziere oder mutmaßliche Anhänger Bolsonaros in den Streitkräften vor. Dabei machte er auch vor sehr hohen Rängen nicht Halt, als er den Oberbefehlshaber des Heeres, General Júlio Cesar de Arruda, entließ. Dieser Schritt verdeutlicht, wie tief die Vertrauenskrise zwischen der neuen Linksregierung und den Streitkräften nach dem Regierungswechsel Anfang Januar und besonders seit dem Sturm auf die demokratischen Institutionen ist.

IPO , Neujahrsempfang Chamber , Abgeordnetenkammer , Ansprache Fernand Etgen , Präsident Foto:Guy Jallay/Luxemburger Wort
Warum die Demokratie nicht in der Defensive sein muss

Aus dem Jahr der Krisen scheidet das Parlament stärker, offener und transparenter als je zuvor, zeigte sich Parlamentspräsident Etgen überzeugt.

So wird sich in den kommenden Wochen und Monaten ein Großteil der Aufmerksamkeit auf die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen richten. Hunderte von Bolsonaro-Anhängern sitzen derzeit im Gefängnis. Die Ermittlungen gegen die Verantwortlichen für die Sicherheit in Brasília werden auch Klarheit in der Frage bringen, ob und gegebenenfalls wie weit Bolsonaro selbst in die Organisation des Sturms auf die Institutionen eingebunden war.

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