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Das sagte Olaf Scholz nachdem der Bund bei Rosneft Deutschland die Kontrolle übernommen hatte. Eine Antwort kam aus Russland: Rosneft will vor Gericht.
Erst Gas, bald Öl?
Das sagte Olaf Scholz nachdem der Bund bei Rosneft Deutschland die Kontrolle übernommen hatte. Eine Antwort kam aus Russland: Rosneft will vor Gericht.
(dpa) - Gute drei Monate vor dem EU-weiten Öl-Embargo gegen Russland macht sich Deutschland immer unabhängiger von den Energielieferungen des unberechenbar gewordenen Vertragspartners. Zum Unmut Russlands. Die jüngste Entscheidung der Bundesregierung: Die deutschen Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft stehen seit Freitag unter Verwaltung der Bundesnetzagentur. Dagegen will die russische Rosneft nun vor Gericht ziehen. Welche Folgen die Treuhandlösung haben könnte, ist noch ungewiss.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz.
Foto: AFP
Für Bundeskanzler Olaf Scholz ist immerhin eines klar: „Ich war von Anfang an sehr sicher, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass Russland seine Verpflichtungen einhält, was zum Beispiel Gas-Lieferungen betrifft“, sagte der SPD-Politiker im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks am Wochenende. Russland hat seine Gas-Lieferungen nach Deutschland inzwischen eingestellt, niemand weiß, ob sie je wieder aufgenommen werden. „Und genauso bereiten wir uns jetzt darauf vor, dass eine ähnlich schwierige Situation entstehen kann für die beiden ostdeutschen Raffinerien, die an der Druschba-Pipeline hängen.“
„Zwangsenteignung“
Gemeint sind die PCK-Raffinerie in Schwedt/Oder in Brandenburg und die Raffinerie in Leuna in Sachsen-Anhalt. Beide erhalten über die Druschba-Pipeline russisches Öl. Die Anlage in Schwedt hatte bisher zudem ein besonderes Problem: Ihre Mehrheitseigner waren zwei Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft. Seit Freitag stehen die beiden Firmen unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur - „Zwangsenteignung“ nannte der staatliche russische Mutterkonzern den Schritt am Freitagabend und kündigte an, vor Gericht dagegen vorzugehen.
Das deutsche Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) wollte die Ankündigung am Wochenende nicht kommentieren. Man handele auf Grundlage der deutschen Gesetze und sei sehr gut vorbereitet. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte auf die Frage, ob wegen einer Klage doch noch eine Hängepartie drohen könnte: Das Vorgehen überrasche nicht. „Ich gehe aber davon aus, dass die Klage keine aufschiebende Wirkung hat.“
Grundlage für die Treuhand-Konstruktion der Bundesregierung ist das erst vor kurzem geänderte Energiesicherungsgesetz. Auf dessen Basis können bestimmte Unternehmen vorübergehend unter Treuhandverwaltung gestellt werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Als letztes Mittel gäbe es sogar die Möglichkeit einer Enteignung.
Die Gründe für die Treuhandlösung erklärte das Bundeswirtschaftsministerium so: „In den vergangenen Monaten hat die Mineralölwirtschaft im engen Austausch mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Schritte eingeleitet, die Lieferbeziehungen mit Russland zu beenden.“ So habe man den Anteil von Importen aus Russland an den Rohöleinfuhren nach Deutschland bereits von 35 Prozent im Jahr 2021 auf rund 23 Prozent (Stand: Juli 2022) reduziert.
„Die Mineralölunternehmen sind in der Lage, mit einem gewissen Vorlauf ihre Bedarfe zu 100 Prozent ohne russisches Rohöl abzudecken - alle außer Rosneft“, heißt es weiter in der Stellungnahme. Rosneft habe bis zuletzt Rohöl aus Russland importiert und einen Anteil von 12 Prozent am deutschen Rohölmarkt. „Für die 12 Prozent von Rosneft musste eine Lösung gefunden werden. Dies ist mit der Treuhandschaft passiert“, erklärte das Ministerium.
PCK steht auf einem Gebäude der Raffinerie PCK in Schwedt.
Foto: dpa
Dass Deutschland auf Dauer ohne russisches Öl auskommen muss, ist ohnehin längst beschlossen. Am 1. Januar greift ein EU-Öl-Embargo gegen Russland. Darauf ist die Raffinerie in Leuna - im Gegensatz zum PCK Schwedt - gut vorbereitet, wie Kanzler Scholz am Wochenende im DLF noch einmal verdeutlichte: „Und für Leuna, wo wir auch Unterstützungsmaßnahmen organisieren für die Weiterentwicklung des ökonomischen Umfeldes, ist das etwas einfacher, weil das Unternehmen, das diesen Standort betreibt, schon sehr frühzeitig dafür gesorgt hat, dass es seine Importe über Polen organisieren kann.“ In Schwedt sorge der Bund nun über hohe Investitionen für neue Importmöglichkeiten.
Vorkehrungen getroffen
Ob sich Russland für das Eingreifen des deutschen Staates nun mit einem Öl-Lieferstopp revanchiert, weiß niemand. Auch der Kanzler hatte am Freitag eingeräumt: „Wir wissen nicht, was jetzt passiert.“
Deshalb hat sich das BMWK vorbereitet. Man habe bereits vor Monaten die Mineralölwirtschaft aufgefordert, „Vorkehrungen für einen kurzfristigen Öl-Lieferstopp Russlands zu treffen“. Deutschland hat bestimmte Ölspeicher, die als strategische Reserve dienen und immer gefüllt sind, „um etwaige Notstände ausgleichen zu können“. Nach BMWK-Angaben umfasst die Bevorratungspflicht 90 Tage. „Mit diesen strategischen Ölvorräten kann also für drei Monate ein etwaiger vollständiger Ausfall aller Importe ausgeglichen und Deutschland versorgt werden“, teilte das BMWK mit.
Bund kassiert Rosneft Deutschland
Die Übernahme der Ölkonzern-Tochter soll die Versorgung sichern. Der Fortbestand des Geschäftsbetriebs war laut deutscher Regierung in Gefahr.
Aber es geht eben nicht nur um die Versorgungssicherheit, sondern auch um Jobs: PCK hat rund 1200 Mitarbeiter und ist eine wirtschaftliche Säule der Region um Schwedt. Mit Rosneft habe es am Standort keine Fortschritte mehr gegeben, sagt der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider. Geschäftspartner hätten sich zurückgezogen, Rosneft habe andererseits große, brach liegende Areale nicht für andere Investoren freigegeben, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag).
Mit der Entscheidung des Bundes sieht er nun eine Perspektive für Schwedt. „Ich wage sogar die Prognose, dass es in Schwedt in einigen Jahren deutlich mehr Arbeitsplätze als heute geben wird“, sagte er. Auf die Frage, ob er den Mitarbeitern guten Gewissens sagen könne, dass sie eine berufliche Zukunft haben, antwortete der Ostbeauftragte: „Definitiv ja!“.
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