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Die gezügelte Erhabenheit des Herbert Blomstedt

Unter der Leitung von Herbert Blomstedt gelingt dem Chamber Orchestra of Europe in den gespielten Werken messerscharfe Klarheit.

Meister der musikalischen Spannung

Unter der Leitung von Herbert Blomstedt gelingt dem Chamber Orchestra of Europe in den gespielten Werken messerscharfe Klarheit.

Foto: Philharmonie / Inês Rebelo de Andrade

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Der schwedische Dirigent feuert das Chamber Orchestra of Europe in der Philharmonie zu Höhenflügen an. Eine Konzertkritik.

Meister der musikalischen Spannung

Pierre GERGES

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Die Szene vom vergangenen Freitag in der Philharmonie dürfte sich manchem unauslöschlich ins Gedächtnis gebohrt haben, wie der betagte Herbert Blomstedt, von der Konzertmeisterin liebevoll gestützt, behutsam ans Dirigentenpult begleitet wird.

Herbert Blomstedt kann als Meister der musikalischen Spannung bezeichnet werden.

Herbert Blomstedt kann als Meister der musikalischen Spannung bezeichnet werden.

Foto: Philharmonie / Inês Rebelo de Andrade

Nun, die letzten Monate hatten uns schon den Gedanken nahegelegt, dass der einsame Beruf des Musikdirigenten keine besonders günstige Voraussetzung zur Frühpensionierung darstellt. Und trotzdem verblassen solche Semester wie der 70-jährige Riccardo Chailly oder der 80-jährige John Eliot Gardiner fast, wenn man allein die sieben Jahrzehnte bedenkt, die Blomstedt bereits am Podium verbracht hat …

Und so verwundert es kaum, dass die Aufmerksamkeit zuweilen vom zentral musikalischen Geschehen abschweift, umso mehr einerseits der anfangs programmierte Franz Berwald wohl den Unbekannteren zugerechnet werden muss und, andererseits, das sichtbar zupackende Spiel der Chamber Orchestra-Musiker extrem vordergründig wirkt.

Musik aus Skandinavien

Die Offenbarung des ungeahnten kompositorischen Handwerks von Berwalds vierter Sinfonie verdanken wir dem verdienstvollen Umstand, dass Blomstedt sich immer auch für die Musik seiner skandinavischen Heimat eingesetzt hat.

Es ist, schlicht ausgedrückt, verblüffend, wie dieser Meister der musikalischen Spannung die glühende Flamme stets wach hält.

Dieses Werk verlangt ein beträchtliches Maß an jener spieltechnischen Präzision, die der fast instinktiv wiederkehrenden „scherzando“-Schreibweise den nötigen tänzerischen Schwung verleiht. Und messerscharfe Klarheit ist genau das, was diesem kammermusikalisch konturiert zeichnenden Ensemble so bezaubernd gelingt.

Wenn sich auch Berwald selbst als „Amateur“ bezeichnete, der sich „nur zum Vergnügen mit der Tonkunst beschäftige“, so soll hier keineswegs der Eindruck eingeflüstert werden, die Bedeutung dieser Musik erschöpfe sich in nationalpatriotischer Ehrung. Besonders der melodisch weit ausladend geführte zweite langsame Satz entfaltet eine ungemein bewegende Klangsinnlichkeit, deren sehnsüchtiges Verlangen durch die sehr belebte, aber streng Pathos-bereinigte Linienführung eingedämmt, melancholisch dahinfließt.

Allgegenwärtige Spannung

Die Programmgestaltung verdeutlicht auch, wie formvollendet, ohne Ouvertüre noch Solisten-Auftritt, ein rein sinfonischer Konzertabend abgerundet zu erscheinen vermag. Mit Mendelssohns Sinfonie Nummer 3, der „Schottischen“, kehren wir wieder aufs Parkett des überlieferten klassischen Musikbetriebs, jedoch nicht unbedingt auf jenen der etablierten Hörgewohnheiten.

Das hat man schon schroffer oder theatralischer, des Öfteren auch imposanter vernommen. Herbert Blomstedt jedoch lässt sich Zeit, den langen Kopfsatz abzutasten und sich an das „agitato“ heranzuschleichen.

Anne Sophie Mutter war bereits mehrfach in der Philharmonie zu Gast.
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Es ist, schlicht ausgedrückt, verblüffend, wie dieser Meister der musikalischen Spannung die glühende Flamme stets wach hält, im gleißenden Gefecht nie überbelichtet, im leisesten melodischen Hauch nie erlöschen lässt. Und es ist diese allgegenwärtige Spannung, die die Zuhörerschaft ununterbrochen fesselt und nicht wieder loslässt.

Natürlich hat auch Herbert Blomstedt die Wende der sogenannten „historisch informierten“ Aufführungspraxis miterlebt und -gestaltet. Aber wie oft oder wie selten erlebt der Musikliebhaber eine Neubelebung, die sich so unauffällig in die Ästhetik einer Grenzepoche einfügt, durchaus unprofessoral, unmittelbar und zwanglos.

Braucht es wirklich ein so langes Leben, um den Zustand zu erreichen, in dem das Studium, die Anstrengung und die immer wieder überarbeiteten Interpretationen in einer so strahlenden und reinen Lesart aufgehen?

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