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31 Jahre nach der Tat beginnt ein Mordprozess. Zum Auftakt geht es um die Frage, bis wann der Angeklagte Teil der Neonazi-Szene war.
Mordfall Samuel Yeboah
31 Jahre nach der Tat beginnt ein Mordprozess. Zum Auftakt geht es um die Frage, bis wann der Angeklagte Teil der Neonazi-Szene war.
Von Kai Schwerdt (Koblenz) und Tom Rüdell
Der saarländische Neonazi Peter Werner S. steht derzeit in Koblenz vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, im September 1991 in Saarlouis-Fraulautern Feuer in einer Unterkunft für Asylbewerber gelegt zu haben. Dabei war Samuel Yeboah, ein 27-jähriger Ghanaer, gestorben. Die Anklage lautet dementsprechend auf Mord und 20-fachen versuchten Mord.
Der Prozess war mit Spannung erwartet worden, nicht zuletzt, weil die Tat schon so lange zurückliegt. In Saarlouis und Umgebung galt es als offenes Geheimnis, dass die damalige Neonazi-Szene, zu der Peter Werner S. zählt oder damals zählte, etwas mit dem Brand zu tun hatte. Doch die Polizei legte den Fall bereits knapp ein Jahr später zu den Akten - Beweismangel.
„Den Namen pfeifen die Spatzen von den Dächern“
Den brutalen Mord an einem Ghanaer hat die Stadt Saarlouis 30 Jahre ausgeblendet. Doch nun kam ein Neonazi in Haft - und Fragen kommen auf.
Erst 2020 kam wieder Bewegung in die Ermittlungen, nachdem eine Frau 2019 ausgesagt hatte, S. habe sich bei einem Grillfest ihr gegenüber mit der Tat gebrüstet. Daraufhin wurde deutlich gründlicher ermittelt, der Generalbundesanwalt in Karlsruhe zog den Fall an sich. Und der Polizeipräsident des Saarlandes fand sogar klare Worte für seine Vorgänger: Die Polizei im Saarland habe damals „nicht richtig funktioniert“.
Schwierige Kindheit und eine Knast-Freundschaft
Am zweiten Prozesstag im Mordfall Yeboah hat der Angeklagte Peter S. erstmals ausgesagt. Beim ersten Termin hatte lediglich sein Anwalt einen Freispruch gefordert, weil der Tatvorwurf gegen ihren Mandanten passend zum Motiv Rassismus „konstruiert“ sei. Am Montag sprach nun Peter S. selbst, zunächst allerdings nicht über Gesinnung und Ideologie, sondern hauptsächlich über seine Biografie. Der 51-Jährige berichtet von einer schweren Kindheit. Schulische Probleme, Heimaufenthalte, ein abwesender leiblicher Vater, den er nie kennengelernt hat; ein Stiefvater, der ihn regelmäßig mit dem Gürtel verprügelt. Eine abgebrochene Ausbildung, Jugendarrest.
Dort habe er dann bereits um 1990 Peter St. kennengelernt - den „Kameradschaftsführer“ der Saarlouiser Nazi-Skinheads. Es war St., der an jenem Abend im September 1991 in der Saarlouiser Kneipe „Bayrischer Hof“ die Rede auf die Ausschreitungen in Hoyerswerda gebracht haben soll - und dort sagte, etwas Ähnliches müsse in Saarlouis auch einmal passieren. Woraufhin, so die Anklage, Peter S. nach Fraulautern gefahren und dort zur Tat geschritten sei.
Mit St. habe S. nach eigener Aussage dann ab 1997 zunächst nichts mehr zu tun gehabt. 2002 habe er ihn aber, wieder im Gefängnis, wiedergetroffen. 2006 habe St. dann auch bei S.' Hochzeit im kleinen Kreis die offiziellen Fotos gemacht. Von seiner Ehefrau, mit der er ein gemeinsames Kind hat, lebt S. mittlerweile getrennt.
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Losgesagt haben will er sich auch von der rechten Szene und dem entsprechenden Gedankengut - seit 2007 gebe es keinen Kontakt mehr, so S. Anwalt in seiner Erklärung. Es ist Kristin Pietrzyk, eine Anwältin der Nebenklage, die dieser Aussage widerspricht - und sie mit einer eleganten Nachfrage konterkariert.
Paulchen Panter als Neonazi-Code
Die Rede kommt auf die Tattoos, die S. am Körper trägt. Auf der Brust hat S. die Comicfigur Paulchen Panter („Der rosarote Panter“) tätowiert - ein Motiv, das mit dem Bekennervideo der rechtsextremistischen deutschen Terrorzelle „NSU“ seine Unschuld verloren hat. Die Selbstenttarnung des NSU, in der „Paulchen Panter“ eine prominente Rolle spielt, war im November 2011. Ungefähr aus dieser Zeit, so S., stamme auch die Tätowierung. Eine ideologische und mitunter auch räumliche Nähe lässt sich für S. bereits Mitte der 1990er nachweisen, als er auf denselben Neonazi-Kundgebungen zugegen war wie die NSU-Mitglieder Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. Jetzt käme hier ein gewichtiger weiterer Aspekt hinzu.
Am vierten Prozesstag, terminiert für den 5. Dezember, soll es im Detail um S. rechtsextreme Gesinnung und die Saarlouiser Szene in den 1990er-Jahren gehen. Am Dienstag dieser Woche sollen die Beweisaufnahme beginnen und zunächst Ermittler von damals gehört werden.
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